Auf den Lusen führen viele Wege. Bei dieser schönen Wanderung auf den Lusen geht es durch wilden Wald und an plätscherndem Wasser vorbei. Mit teuflisch schönen Ausblicken erreichen wir schließlich eines der schönsten Geotope Bayerns.
Die Geschichte des Lusens beginnt in einer Zeit, als der Teufel noch höchstpersönlich auf der Erde wandelte und – ganz modern – Straßen gebaut hat. Aber davon später mehr. Heute gehört der Lusen zu einem der schönsten Geotope Bayerns und liegt im Herzen des Nationalparks Bayerischer Wald. Deshalb ist bei dieser Wanderung wilder Wald zu erwarten.
Ich starte die Wanderrunde im Tal am Parkplatz Schwarzbachbrücke. Der Weg führt anfangs zwischem verblühtem Alpen(milch)lattich entlang, wird vom Rauschen des Reschbachs begleitet.
Auf pfadigen Wegen und über Holzbohlen geht es bequem und eben durch Fichtenwald. Später gesellen sich Laubbäume dazu. Gelegentlich ist ein Totholzbaum oder ein Pilz zu sehen.
Ein von Sturm und Borkenkäfern aufgelichtetes Gebiet haben sich mannshohe Weidenröschen schnell erobert.
Sie haben nur darauf gewartet, dass es hell wird. Jetzt ist ihre Zeit gekommen. Sie blühen fleißig. Wer weiß, wann sie wieder zum Zug kommen? Die Samen entwickeln sich in einer länglichen Kapsel. Die springt in vier Teile auf und entlässt die federleichten, wie an einem Wattebausch hängenden Samen.
Die Samen werden mit dem Wind verweht. Nicht jeder Samen landet an einem idealen Standort. Aber das Weidenröschen produziert so viele, da kommt es auf den einen oder anderen Verlust nicht drauf an.
Winziger Augentrost wächst neben dem Weg.
In Liebesdingen ist Augentrost flexibel einsetzbar. Ist man mit dem / der Liebsten zufrieden, steckt man sich Augentrost an den Hut. Will man den / die VerehrerIn loswerden, gibt man ihm / ihr einen Korb – voll Blumen. Immer ist Augentrost dabei.
Die Natur wird wilder. Hänsel und Gretel wären der Hexe nicht in die Hände gefallen, hätten sie, anstatt an Lebkuchen, an Waldhainsimse, Heidelbeeren und Brombeeren genascht. Die wachsen hier. Der wildromantische Pfad führt durch wilden Wald. Bäume liegen kreuz und quer durcheinander. Der Wald ist ein Paradies für viele von rund 1400 Käferarten. So viele sind es, die in Deutschland vom oder im Alt- oder Totholz leben.
Der Wurzel- und Steinepfad wird zunehmend steiler. Schließlich wollen die 530 Höhenmeter zum Gipfel irgendwann in Angriff genommen werden.
Der plätschernde Bach rückt näher. Das Wasser hüpft munter über vermooste Felsen und umgefallene Bäume.
An einer Wegkreuzung stehen ein „Holzhaus“ und die einzigen richtigen Sitzgelegenheiten auf dem Weg zum Gipfel.
Der Radweg über den Bach auf eine kleine Wiese zu. Der Teufel hat schon mal seine Krallen ausgefahren: Es wachsen schwarze Teufelskrallen.
Diese Teufelskralle gehört zu den Glockenblumen und hat nichts mit der Teufelskralle zu tun, die man in der Apotheke kaufen kann. An jenen teuflischen Krallen können sich Tiere verletzen.
Die einheimische Teufelskralle dagegen ist harmlos und heißt nur wegen ihres Aussehens so. Sie will sich keine Wanderer krallen und in die Hölle ziehen.
Rechts zweigt der Weg vom Radweg weg. Anfangs ist der naturnahe Waldweg ein klein wenig breiter. Es geht stetig bergauf. Fichtenwald wechselt sich mit Mischwald ab. Auf einem Ameisenhaufen rührt sich was. Ein großer, vermooster Ahornbaum steht am Weg, der in einen wildromantischen, steinigen Steig übergeht.
Der Wald wird licht, weil der Fichtenwald vor Zeiten von Stürmen und Borkenkäfern umgebaut worden ist. Der Fichten-Borkenkäfer ist auf der Welt, um WaldbesitzerInnen zu ärgern – ähem – sich zu vermehren. Da kann er nichts dafür. Das ist sein Job.
Und dafür braucht er Fichten. Je mehr auf einem Fleck wachsen, desto lieber ist es ihm. Er ist ziemlich faul, fliegt bevorzugt nur kurze Strecken, wenn möglich nur bis 100 Meter. Die schlauen Kerlchen wissen, dass die Überlebenschancen beim Einbohren in die Rinde steigen, wenn sie viele sind. Deshalb rotten sie sich zusammen.
Links unten rauscht ein Bach. Zu sehen ist er noch nicht. Gegenüber erkenne ich einen Steilhang. Auf dem steinigen Pfad gewinne ich schnell Höhe. Er ist vom Bächlein, von Ebereschen, Heidelbeeren und Weidenröschen gesäumt.
Die Ebereschen haben auch darauf gewartet, dass die Fichten den Geist aufgeben. Es ist ein regelrechter Ebereschenwald. Sie tragen viele rote, essbare Früchte.
Vor einer Furt zweigt rechts ein sonstiger Steig ab. Der führt in wunderschön wilde Waldeinsamkeit. Ich bleibe allerdings auf dem markierten Weg zum Lusen. Hier ist auch nicht wirklich viel los.
Der Pfad ist weiterhin wildromantisch. Manchmal wird der Weg ein klein wenig flacher, nur um dann wieder umso stärker anzusteigen.
Aussichtsreich nähere ich mich auf relativ geradem Pfad, umgeben von Farnen, die so hoch sind, dass ich kaum über sie hinwegsehen kann, dem Lusen.
Ich sehe den Lusen schon. Doch es dauert noch etwas. Märchenhafte Gestalten lauern am Wegrand.
Schnell werde ich noch zur Grenzgängerin. Hier ist die Grenze zu Tschechien. Ob Auerwild wohl einen Ausweis besitzt? Schließlich läuft es immer wieder von Deutschland nach Tschechien und zurück.
Nach etwas über zwei Stunden stehe ich am Fuße des Lusens, inmitten des Nationalparks Bayerischer Wald.
Auf dem steinigen Weg zum Gipfel schaue ich mir das gelb-grüne Zeugs auf den Felsen genauer an: Landkartenflechten. Sie bilden kleine Felder mit schwarzen Rändern. Das sieht aus wie eine Landkarte. Deshalb der Name.
Flechten gehören nicht zu den Pflanzen, sondern zu den Pilzen. Man hat nicht gewussst, wohin mit den Flechten, und hat sie kurzerhand den Pilzen zugeschlagen.
Flechten bestehen nämlich aus einem Pilz und Algen oder Cyanobakterien. Auf nacktem Fels würde der Pilz alleine verhungern. Deshalb hat er sich eine Alge geschnappt und macht mit ihr gemeinsame Sache.
Der Pilz versorgt die Alge mit Mineralien und Wasser, die Alge betreibt Photosynthese. So sind beide glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute… Und das schon ziemlich lange. Die Flechten hier sind teilweise schon tausend Jahre alt.
Apropos gestorben: Für kälteliebende Arten kann die Klimaerwärmung problematisch werden. Sie können nicht mehr in kältere Regionen weiter oben umziehen. Denn irgendwann ist der höchste Gipfel erreicht.
Vor Jahrmillionen hätten die Arten bei uns die Hände in die Füße nehmen und nach oben auswandern können. Damals war der Bayerische Wald noch über 6.000 Meter hoch. Wind und Wetter haben ihm zugesetzt. Übriggeblieben ist ein stein-reiches Mittelgebirge.
Der Weg zum Gipfel ist steinig. Der Lusen besteht nämlich aus einem Haufen großer Granitblöcke. Die hat der Teufel beim Straßenbau verloren. Der Teufel wollte den Weg zur Hölle neu pflastern, damit es der Mensch auf dem Weg nach „unten“ bequem hat.
Der Teufel fliegt also mit seinem vollen Karren über den Berg. Plötzlich stellt sich ihm ein Mönch mit einem Kreuz in den Weg. Vor lauter Schreck lässt der Teufel die Felsen fallen und fährt zu seiner Oma in die Hölle.
Die Aussicht vom Gipfel ist teuflisch schön. Sie reicht von Tschechien über Österreich bis zu den Bergen des Bayerischen Waldes. Bei entsprechendem Wetter sieht man auch die Alpenkette zum Greifen nah.
Jemand hat sein Herz aus Stein zurückgelassen. Das ist so groß, das muss er schon absichtlich dagelassen haben. So ein Riesenherz verliert man nicht so einfach.
Auf dem gelben Goldsteig führt der felsige Steig aussichtsreich nach unten. Eine Info-Tafel informiert über die Geologie des Lusens. Die Schutzhütte ist erreicht. Nach der Hütte zieht ein bequemer Zufahrtsweg steil bergab. Auch hier haben Weidenröschen ihre Samen in federleichte, watteartige Büschel verpackt.
Weidenröschen und Ebereschen bilden den farbigen Rahmen für die böhmische Hintergrundkulisse. Kurz darauf zweigt schon wieder ein Pfad steil in Buchenwald ab.
Es dauert nicht lange und der Pfad wird zum steinigen Steig, der fast eben durch wechselnde Waldbilder am Hang entlang führt. Hier wachsen essbare Wildpflanzen und viel Auerwild-Futter: Heidelbeeren. „Tote“ Fichten machen anderen Bäumen Platz. Mal ist der Wald licht, mal steht Baum an Baum ganz dicht beisammen.
An manchen Stellen ist der Pfad nass. Nach einer Stunde erreiche ich den Tummelplatz, eine alte Waldweide in den Hochlagen mitten im Wald. Auf ihr steht eine Diensthütte des Nationalparks. Hier könnte man am Rastplatz rasten oder noch einen Abstecher zum Aussichtsfels Großalmeyerschloss machen. Den schenke ich mir heute.
Über die Wiese leitet die Markierung „Arnika“ weg vom Goldsteig Richtung Reschbachtal. Es geht in Fichtenwald, der wortwörtlich im „Umbruch“ ist.
Später folgen Wälder, die mehr oder weniger im Wandel sind. Buchen, vergraster Wald, Farne, kleinen Wässerchen und eingeschränkten Aussichten begleiten die Tour. Über Bärlapp freue ich mich jedesmal wieder. Er ist uralt, und war früher mal baumhoch.
Schließlich erreiche ich Brunndobl, einen hufeisenförmigen, üppig bewachsenen Steilhang, von dem Wasser runterläuft. Eine eigene Stimmung ist das hier. Links steigt der Hang extrem steil an, rechts fällt er nach unten ab. Schön ist es da.
Umgefallene Bäume bleiben liegen, nur der Weg wird irgendwie freigemacht.
Der Pfad schlängelt sich fast eben am Hang entlang.
Nach Querung des Hangs folgt ein kleiner Waldweg durch Fichtenwald. Es fällt kaum Licht auf den Boden, deshalb wächst kaum was.
Der Weg fällt leicht ab, geht in ein Sandsträßlein über, das zugleich ein Radweg ist. Grad als ich mir denke: „Das ist jetzt zum Schluss genau das Richtige: so richtig bequem“, zweigt der Wanderweg schon wieder auf einen steinigen Waldweg ab. Auf diesem Weg komme ich dem Wasser immer näher.
An der Schutzhütte im Tal folge ich dem Weg nach links, auch wenn die Markierung „Parkplatz: rechts“ anzeigt. Kurz darauf bin ich auch schon wieder am Ausgangspunkt.
So war`s: Teuflisch schön. Immer wieder! Die Natur verändert sich laufend, so dass es hier immer wieder anders aussieht.
Außerdem gibt es bis auf die zwei Diensthütten und die Schutzhütte am Lusen weit und breit keine Bebauung. Auch sonst ist das Wandergebiet abseits der Zivilisation: Auf dem Weg zum Lusen sind mir drei Paare begegnet. Auf dem Gipfel waren es mehr. Da ist immer was los. Allerdings verliert sich das kurz unterhalb des Gipfels schon wieder. Nach dem Lusen haben mich dann auf dem Rückweg nochmal drei Wandersleute überholt.
Man geht fast ausschließlich auf Pfaden oder naturnahen Waldwegen. Wo man hinschaut sieht man wilde Natur und hört rauschendes oder plätscherndes Wasser. Ausblicke gibt es vor allem im Gipfelbereich. Der Rest sind Einblicke in die wilde Waldnatur, in das Werden und Vergehen der Natur. Natur pur eben. Weite Waldeinsamkeit, Natur pur und Pfade, Pfade, Pfade – Was will man mehr?
Tourenhöhepunkte: Wilder Wald; Bergbächlein; der aussichtsreiche, felsige Gipfel des Lusens (Geotop); Tummelplatz (eine alte Waldweide); wildromantische Pfade.
Tourenlänge: 12 1/2 km
Gehzeit: 5½ Stunden
Tourenkarte:
Start / Parken:
Rastplatz Schwarzbachbrücke. Wie kommt man da hin? Auf dem Weg zwischen Mauth und Finsterau (St 2127) zweigt in Heinrichsbrunn die Hochwaldstraße nach links unten ab. (Auch Hinweisschild mit Richtung Alpakas). Dieser teilweise steilen Straße bis ganz unten ins Tal folgen, bis man im Tal über die Brücke gefahren ist. Bei der Brücke rechts den zweiten! Parkplatz nehmen.
Markierungen:
Soldanelle
– Goldsteig
– Arnika
Streckenbeschreibung: Vom Parkplatz der Markierung Soldanelle Richtung Lusen folgen. Auf dem Lusen mit dem Goldsteig Richtung Mauth bis Tummelplatz. Am Tummelplatz den Goldsteig verlassen und links mit der Markierung Arnika Richtung Reschbachtal. Im Tal bei der Schutzhütte „Oberes Reschbachtal“ links! Auch wenn die Markierung zum Parkplatz nach rechts anzeigt. Das ist ein anderer Parkplatz.
Tiefster Punkt: 840 Meter über NN
Höchster Punkt: 1373 Meter über NN
Vielen Dank für den wunderbaren Bericht und die tollen Fotos! Wir haben das Gebiet um den Lusen zum ersten Mal vor dem „Umbau“ erlebt – und vor wenigen Jahren dann wieder. Beides birgt seinen eigenen Reiz, auch wenn es auf den ersten Blick nach all den Jahren vielleicht sogar erschreckend war, die veränderte Landschaft zu sehen.
Hallo Georg,
was war denn erschreckend? Doch nicht etwa die vielen nachwachsenden Bäume? ;-) Für den Menschen sind es halt ungewohnte Waldbilder.
Die Natur hilft sich selber. Die macht das schon. Da habe ich vollstes Vertrauen.
Viele Grüße
Sonja
Hallo,
ich bin diese Stecke heuer schon zweimal gegangen,finde sie wunderbar. Alles der Natur überlassen einfach wunderherrlich!
Karl
Hallo Karl,
ich finde diese Wandertour auch immer wieder auf´s Neue wunderschön. Und der Natur kann man herrlich dabei zuschauen, wie sie sich verändert.
Sonja
Hallo Sonja,
Deinen Strecken sind sehr schön beschrieben
und es macht Freude hier zu wandern.
Werde diese Woche die Knotenbach-und-Kleiner-Ohe Stecke gehen!
Hallo Karl,
bin gespannt, wie dir die Wandertour am Knotenbach und an der Kleinen Ohe gefällt. Am Knotenbach könnte es nach dem vielen Regen der letzten Tage etwas nass sein. Aber das ist ja für einen wackeren Wandersmann kein Hindernis. Ich empfehle Schwimmflossen einzupacken. :-)
Sonja
Wir sind am Do. im Felswandergebiet und am Steinbach gegangen,mussten eine kürzere
Strecke nehmen.
Knotenbach wird nachgeholt ;-)
Karl
Hallo Sonja,
sehr schöner Bericht über die Wanderung auf den Lusen. Wir wollen Mitte September einwenig in diese Gegend. Es wird bestimmt möglich sein, die Wanderung bereits beim Freilichtmuseum zu beginnen. Wie lange muss ich an Zeit einrechnen?
Nikolaus
Hallo Nikolaus,
klar könnt ihr die Wanderung auf den Lusen vom Freilichtmuseum aus beginnen. Rechnet dann mit etwa einer halben bis einer dreiviertel Stunde mehr ein. Reine Gehzeit mindestens 6 Stunden. Je nachdem wieviel Zeit ihr euch lasst, wieviel ihr stehenbleibt und guckt wird´s mehr oder weniger. :-) Es gibt bestimmt auch Leute, die die Strecke schneller „runterspulen“.
Viel Freude bei der immer wieder wunderschönen Tour
Sonja
Meine Zeitangabe von 6 Stunden bezieht sich auf die ganze Runde, nicht nur bis zum Lusen.